Sammlungsgeschichte

Die Ursprünge der heutigen naturwissenschaftlichen Sammlungen des Bamberger Naturkundemuseums gehen bis zum Ende des 18. Jahrhunderts zurück. Im Zuge der Gründung des Naturalienkabinetts durch Fürstbischof Franz Ludwig von Erthal im Jahr 1791 ordnete dieser den Ankauf verschiedener Sammlungen an. Vorwiegend handelte es sich damals um den Erwerb von Mineralstufen und Erzen aus dem Frankenwald und Fichtelgebirge sowie um Kollektionen diverser Tierpräparate. Von diesen frühen Erwerbungen ist heute kaum mehr etwas vorhanden, denn vieles ging in den Wirren der Revolutionskriege abhanden.

Die ersten großen Sammlungszuwächse erfolgten nach der Säkularisation 1803, als der Ex-Benediktinerpater Dionysius Linder (1762-1838) die Bestände das Naturalienkabinetts Kloster Banz, dem er bis zur Klosteraufhebung vorstand, dem noch unfertigen Bamberger Naturalienkabinett übereignete. In erster Linie umfassten diese mitgebrachten Bestände zahlreiche Tierpräparate, einen Teil des „Pomologischen Kabinetts“ sowie eine unbestimmte Anzahl der schon damals berühmten „Würzburger Lügensteine“. Linder entfaltete sich während seiner weiteren Wirkungszeit bis zu seinem Tod im Jahr 1838 als zweiter Gründer des Bamberger Naturalienkabinetts und erweiterte die Sammlungen in hohem Ausmaß. Auch sein Nachfolger im Amt des Kabinettsvorstehers, der Geistliche Dr. Andreas Haupt (1813-1893), erweiterte die Sammlungen um mehrere tausend Objekte aus allen Bereichen der Naturkunde.

Haupts Nachfolger war der Geistliche Dr. Georg Fischer, der das Museum von 1885-1912 leitete. Ihm kam die Aufgabe zu, die angesammelten Bestände zu inventarisieren und zu katalogisieren. Fischer füllte 11 Inventarfolianten und 44 Kataloge mit Objektdaten.

Waren die Bestrebungen zur Sammlungserweiterungen bis dahin noch von dem Gedanken geleitet, die globale Biodiversität abzubilden, änderte sich das mit dem Wirken des Geistlichen Dr. Theodor Schneid (Museumsleiter 1917-1945). Ab nun stand die Dokumentation der regionalen Belege im Vordergrund. Schneid sammelte und erforschte die Ammonitenfauna der heimischen Juraschichten, präparierte heimische Vogelarten zu ausstellungswürdigen Exponaten und legte eine systematische Sammlung heimischer Insekten an. Vor allem Letzteres bescherte dem Bamberger Museum eine wissenschaftlich wertvolle Kollektion heimischer Insekten, die bis heute als eine der bedeutendsten entomologischen Regionalsammlungen Bayerns gilt.

Während der darauffolgenden Wirkungszeit von Prof. Dr. Anton Kolb wurden zahlreiche weitere Exponate erworben, die vor allem der Erweiterung der zoologischen Bestände im Hinblick auf die globale Biodiversität dienten. In der Amtszeit des letzten Museumsleiters, Dr. Matthias Mäuser (1988-2021), stand erneut die Dokumentation regionaler Belege im Vordergrund. Seit dem Jahr 2004 konzentrierten sich dabei die Sammlungsaktivitäten auf Fossilien der Wattendorfer Plattenkalke.

Auch in Zukunft wird das Bamberger Naturkundemuseum einen wichtigen Beitrag zur Dokumentation, Erforschung und Vermittlung unseres regionalen Naturerbes leisten.




Paläontologische Sammlungen

Die paläontologischen Sammlungen beherbergt heute geschätzte 30.000 Objekte aus dem In- und Ausland. Die Objekte umfassen Funde aus allen Erdzeitaltern, haben aber einen klaren Schwerpunkt auf regionalen Fundstellen aus der Jurazeit. In den letzten zwei Jahrzehnten wurde die Sammlung beträchtlich durch eigene Grabungen des Museums in den Oberjura-Plattenkalken von Wattendorf/Oberfranken erweitert.

Der historische Sammlungsteil aus dem 19. Jahrhundert wurde teilweise von den jeweiligen Kuratoren selbst gesammelt, teilweise auch bei der Firma Dr. Krantz/Bonn angekauft. Ab der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts konzentrierte sich die Sammeltätigkeit vorwiegend auf den Fränkischen Jura. Hervorzuheben ist die Ammoniten-Sammlung von Theodor Schneid mit rund 1300 Einzelobjekten, darunter umfangreiches Typenmaterial. Wissenschaftlich wertvoll sind ferner die Sammlung von A. Müller mit 700 Pflanzenfossilien aus dem untersten Lias von Großbellhofen bei Schnaittach/Mittelfranken, Aufsammlungen von Oskar Kuhn aus dem Lias und Dogger Frankens (ca. 2000 Objekte) und die Sammlungen Schattenberg und Schrüfer mit Fossilien aus dem Malm Frankens. Bereis seit 1989 erfolgen umfangreiche Aufsammlungen aus allen Schichten des fränkischen Jura durch den geowissenschaftlichen Präparator des Museums, Thomas Bechmann.




Mineralogische Sammlung

In der Mineralogischen Sammlung werden rund 10.000 Objekte aufbewahrt. Sie geht in ihren ältesten Teilen noch auf die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. Vor allem Kurator Andreas Haupt erweiterte die Sammlung Mitte des 19. Jahrhunderts durch Ankauf und Tausch (z.B. Krantz/Bonn) oder durch Geschenke (z.B. Schönlein/Zürich, Berlin). 1858 kaufte er mit privaten Mitteln einen Teil der Sammlung des Herzoglichen Kanzleirats Hardt. Haupt stiftete die umfangreiche Sammlung dem Naturalienkabinett unter der Bezeichnung „Dr. Haupts Sammlung“. Gerade unter diesen Stücken finden sich viele Belege zu Vorkommen des ostbayerisch-böhmischen Grundgebirges, darunter Stufen aus heute längst nicht mehr zugänglichen Anlagen (z.B. Kupferberg).

Eine Lagerstättensammlung mit Belegen aus stillgelegten Abbauen und Fundstellen in Nordostbayern konnte 1990 erworben werden. Sie beinhaltet rund 2000 Einzelobjekte von 55 Lokalitäten.




Vögel

Die Bamberger Vogelsammlung beinhaltet heute rund 1500 Standpräparate, verteilt auf ca. 800 verschiedene Arten. Daneben existiert noch eine kleinere Anzahl von Bälgen (75), Skeletten und Skelettteilen (35), Eiern (552) und Nestern (115). Der wissenschaftliche Wert der Kollektion beruht nicht nur aur der relativ hohen Diversität und den Belegen zu seltenen Arten, sondern auch in der exzellenten Dokumentation. In der Regel sind nicht nur die originalen Etiketten, sondern auch zusätzliche Archivalien zu den einzelnen Exemplaren vorhanden, etwa Kaufrechnungen, Frachtbriefe und einschlägige Korrespondenz.

Weitaus die meisten Exemplare sind exotischen Ursprungs mit Schwerpunkt auf Brasilien, Nordost-Afrika und Australien. Gesammelt wurden sie vorwiegend von 1803 bis 1885. Viele der brasilianischen Arten wurden von der Münchener Sammlung erworben (1857-1864). Wahrscheinlich handelt es sich dabei um Doubletten, die während der Forschungsreise von Johann Baptist von Spix (1721-1826) und Friedrich Philipp von Martius (1794-1868) sowie von der Expedition des Johann Baptist Natterer (1787-1843) gesammelt worden sind. Die Nordost-afrikanischen Exemplare kamen von 1857-1861 als Geschenke des Missionars Matthäus Kirchner (1826-1912) an das Museum. Das australische Material wurde vorwiegend zwischen 1870 und 1883 vom Museum Godeffroy in Hamburg erworben. Davon stammt der überwiegende Teil von der bekannten Sammlerin Amalie Dietrich (1821-1891). Erheblichen Zuwachs aus aller Welt erhielt die Sammlung während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ferner durch Geschenke des Arztes Johann Lukas Schönlein (1793-1864). Weitere Bezugsquellen waren u.a.: Johann Heinrich Sturm (1805-1862)/Nürnberg, Museen in Stuttgart, Leiden und Augsburg, Schlüter/Halle, Linnaea/Berlin, Emil Weiske(1867-1950)/Saalfeld, Heyne/Leipzig.

Die Kollektion mitteleuropäischer, speziell regionaler Vögel ist im Durchschnitt jüngeren Alters. Bemerkenswert sind manche Exemplare als lokale Erstnachweise oder seltene Durchzügler.




Insekten

Vorhanden sind knapp 120.000 Belege, verteilt auf alle Insektenordnungen. Am bedeutendsten ist die Sammlung von Theodor Schneid (1879-1958). Schneid, der von 1917 – 1945 Leiter des Museums war, besammelte zwischen 1930 bis ca. 1950 in einem Umkreis von ca. 30 km um Bamberg in erster Linie offene, wärmebegünstigte Standorte. Vor allem die Hautflügler (Hymenoptera) hat er an zahlreichen Standorten gründlich, auch in Bezug auf die Quantität, erfasst. Die Schneid-Sammlung gilt als eine der bedeutendsten entomologischen Lokalsammlungen Bayerns.

Literatur

  • Dunk, K.v.d. (1994): Aufnahme und Revision der Dipterensammlung von Dr. Th. Schneid im Naturkundemuseum Bamberg.- LXVIII. Bericht Naturf. Ges. Bamberg: 45-81. Bamberg.
  • Kraus, M., Taeger, A. (1998): Die Pflanzenwespensammlung von Theodor Schneid im Naturkundemuseum Bamberg (Hymenoptera: Symphyta).- LXXII Ber. Naturf. Ges. Bamberg: 81-111. Bamberg
  • Mandery, K. (1999): Die Bienen (Hymenoptera: Apidae) der Sammlung SCHNEID (Bamberg und Umgebung 1930-1950) im Naturkunde-Museum Bamberg.- LXXIII. Bericht Naturf. Ges. Bamberg (1998): 125-180. Bamberg.
  • Mandery, K., Hieuhuis, O. (2000): Die Goldwespen (Hymenoptera, Chrysioidea) der Sammlung SCHNEID (Bamberg und Umgebung 1930-1959) im Naturkundemuseum Bamberg.- LXXIV. Bericht Naturf. Ges. Bamberg: 45-59. Bamberg.
  • Schneid, T. (1941): Die Faltenwespen (Vespidae) und Grabwespen (Sphegidae) der Umgebung Bambergs.- Mitt. Münch. Ent. Ges. 31: 1004-1053.
  • Schneid, T. (1947): Die Laufkäfer (Carabiden) und Schwimmkäfer (Dytisciden) der Umgebung Bambergs.- XXX. Bericht Naturf. Ges. Bamberg: 107-142. Bamberg.
  • Schneid, T.: (1954a): Die Wegwespen (Pompilidae) und Goldwespen (Chrysididae) der Umgebung Bambergs.- XXXIV. Bericht Naturf. Ges. Bamberg: 29-46. Bamberg.
  • Schneid, T.: (1954b): Die Wanzen (Hemiptera heteroptera) der Umgebung Bambergs.- XXXIV. Bericht Naturf. Ges. Bamberg: 47-107. Bamberg.
  • Schneid, T.: (1956): Die Geradflügler (Orthoptera) und Libellen (Odonata) der Umgebung Bambergs.- XXXV. Bericht Naturf. Ges. Bamberg: 22-50. Bamberg.
  • Tschorsning, H.-P. (1997): Korrekturen und Nachträge zu den Raupenfliegen (Diptera, Tachinidae) der Sammlung T. SCHNEID im Naturkundemuseum Bamberg.- LXXI. Ber. Naturf. Ges. Bamberg: 1-9. Bamberg.
  • Weber, K. (1991): VESPOIDEA; Pompiloidea; Sphecoidea und Apoidea (Faltenwespen, Wegwespan, Grabwespen und Wildbienen) des Landkreises Bamberg.- LXVI. Bericht Naturf. Ges. Bamberg: 77-96. Bamberg
  • Weber, K. (1998): Revision der „Wespensammlung“ von T. SCHNEID im Naturkundemuseum Bamberg (Hymenoptera: „Scolioidae“, Pompilidae, Vespidae und Sphecidae).- LXXII Bericht Naturf. Ges. Bamberg (1997): 113-156. Bamberg.



Pomologisches Kabinett

Das „Pomologische Kabinett“ ist eine Sammlung von Modellen verschiedener Obstsorten. Solche Kollektionen wurden vom 18. bis ins 20. Jahrhundert hergestellt, um das Aussehen besonderer Sorten zu dokumentieren. Modelle von Früchten wurden von unterschiedlichen Anbietern in vielen Ländern Europas und auch in der Neuen Welt unter Verwendung unterschiedlichster Techniken und Materialien hergestellt (Beispiele: „ Arnoldi`s Obstkabinett“ mit 432 Gipsmodellen, gefertigt 1856-1897 in Gotha; „Wächserne Obstsammlung“ des Paters Constantin Keller mit 245 erhaltenen Exemplaren in der Abtei Admont/Österreich, gefertigt 1815-1840; „Obstsortiment für Steiermark in plastischer Nachbildung“ mit 406 Pappmaché-Wachs-Modellen, wahrscheinlich 1880-1890.

Das Pomologische Kabinett des Bamberger Naturkundemuseums stammt aus der Produktion des „Landes-Industrie-Comptoir“ des Weimarer Verlegers Friedrich Justin Bertuch (1747-1822). Dort erschien von 1794 bis 1804 das Magazin „Der teutsche Obstgärtner“, das von 1804 bis 1824 vom „Allgemeinen teutschen Gartenmagazin“ abgelöst wurde. In diesen Reihen wurden u.a. empfehlenswerte Obstsorten in Wort und Bild beschrieben. Verantwortlich für den Inhalt war der seinerzeit bekannte Thüringer Pomologe Pfarrer Johann Volkmar Sickler (1742-1820). Zusätzlich hatte der Verlag Modelle von insgesamt 298 verschiedenen Obstsorten, verteilt auf Äpfel, Birnen, Pflaumen und Zwetschgen, Kirschen, Aprikosen, Pfirsiche sowie eine Nuss und eine Mispel im Angebot. Hergestellt wurden die Modelle von Ernst Heinrich Gebhardt. Verkauft wurden sie in 26 aufeinanderfolgenden Lieferungen zwischen 1795 und 1813.

Die Modelle bestehen aus Bienenwachs mit geringer Beimengung von Kremserweiß. Die Objekte sind hohl, mit einer Wandstärke von ca. 1,5 – 2,5 mm. Die Fruchtstiele sind aus gedrehtem und gefestigtem Zwirn hergestellt und je nach sortentypischer Vorgabe mit Wachs überformt. Die Oberfläche ist mit lasierenden Farben naturgetreu bemalt.

Zweifellos ist die Modellreihe aus dem Haus Bertuch die schönste und naturgetreuste Obstsortenreihe, die in der damaligen Hochzeit der Pomologie käuflich zu erwerben war. Bedingt durch die extreme Fragilität der Hohlkörper haben sich nur wenige Kollektionen bis heute erhalten. Die Bamberger Kollektion stellt mit insgesamt 193 Modellen eine der umfangreichsten dar. Im Einzelnen: 71 Birnen, 66 Äpfel, 24 Pflaumen und Zwetschgen, 23 Kirschen, 6 Pfirsiche und 3 Aprikosen. Neben ihrem kulturhistorischen Wert werden die Modelle zur Bestimmung alter, in Vergessenheit geratener Sorten herangezogen. Sie gewähren auch Einblicke in die damals wichtigen und verbreiteten Obstsorten.

Literatur:
Mäuser, M. (1998): Das Pomologische Kabinett von F. J. Bertuch aus Weimar im Naturkunde-Museum Bamberg.- LXXII. Bericht Naturf. Ges. Bamberg: 49-78. Bamberg.